Skudden
Die Skudde gehört zu den ältesten und bedrohten Hausschafrassen. Sie steht auf der Roten Liste der bedrohten Nutztierrassen.
Name
Für die Herkunft der Bezeichnung „Skudde“ werden mehrere Theorien angegeben. Zum Teil wird der Name von der Herkunftsgegend um die niederlitauische Stadt Skuoda hergeleitet. Eine andere Möglichkeit ist die Herleitung von dem litauischen Lockruf für Schafe und Ziegen 'skuis', und dessen pomoranische/kaschubische Entsprechungen. Eine dritte Herleitung geht von 'Kosse' (=ärmlich) aus.
Systematische Einordnung
Wie alle Schafe sind Skudden Paarhufer. Skudde gehören zur Familie der mischwolligen, kurz-schwänzigen nordischen Heideschafe.
Herkunft und Verbreitung
Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war die Skudde das bodenständige Schaf Ostpreußens und des Baltikums. Sichere Nachweise gibt es für seine Existenz in diesem Gebiet seit der Ordenszeit. Ungeklärt ist bisher, ob es vorher bereits Skudden in anderen Regionen gab, ob es sich bei dieser Haustierrasse um das “Schaf der Wikinger“ oder im direkte Nachfahren jungsteinzeitlicher Schafe handelt. Seit dem Mittelalter wird die Skudde zwischen Baltikum im Norden und der Lausitz im Süden, also zwischen dem Ursprungsgebiet der grauen Heidschnucke in den nordwestdeutschen Heide- und Moorlandschaften und der Heimat der polnischen Wrzosowka und der russischen Romanov im Osten gehalten.
Seit Ende des 2. Weltkrieges gilt die Skudde im Baltikum als ausgestorben. Die von Zeit zu Zeit über die Sichtung von Skudden gemachten Berichte im Samland und in Litauen, beschreiben möglicherweise Kreuzungen mit aus Litauen eingeführten skuddenartigen Schafen. Für zusätzliche Verwirrung sorgte in der Vergangenen die Mitteilung, dass Stalin alle verbliebenen Skudden als ostpreußisches Kulturgut nach Weißrussland verbracht habe.
Die heute existierenden Bestände in Deutschland gehen auf Tiere zurück, die 2. Weltkrieg überlebt haben. Das sind insbesondere Zuchtbestände des Münchner Zoos Hellabrunn, des Leipziger Zoos und Einzelzüchter. Der Leipziger Zoo hat seine Herde im Wesentlichen durch ein überlebendes Muttertier und deren Sohn (Inzucht) aufgebaut. Insbesondere Prof. Dr. Werner Plarre widmete sich intensiv dem Erhalt dieser Hausschafrasse. Die zirka 1000 bis 2000 reinrassischen Tiere werden durch 700 Verbände betreut. Die Zuchtkriterien sind dabei zum Zweck der Erhaltung der Rassemerkmale streng.
Merkmale
Die Skudde ist die kleinste, deutsche Schafrasse (keine Zwergzüchtung!). Der Kopf ist keilförmig ausgebildet und mit Stichelhaaren besetzt. Eine breite Stirn, feines Nasenbein und kleine, aufwärtsgerichtete Ohren und eine schwarz pigmentierte Nase sind weitere, typische Merkmale für Skudden. Der Rumpf ist kurz bis mittellang, das Becken schräg. Die Beine sind feingliedrig aber stark - federnd, mit festen Klauen. Der Schanz typischerweise kurz und im unteren Teil behaart.
Beide Geschlechter können gehörnt sein, wobei die Böcke ein schneckenförmiges Gehörn ausbilden, während die Zibben/Auen kleine Hörner, Hornstummel, Hornansätze tragen oder auch hornlos sein können. Außerdem tragen die Böcke eine Mähne. Das mischwollige Vlies ist weiß, braun oder schwarz. Von alten Zeichnungen sind auch mischfarbige Skudden bekannt, allerdings werden diese heute nicht mehr zur Reinzucht zugelassen.
Ein in der Vergangenheit vorhandenes Merkmal, das wieder herausgezüchtet werden soll, war der jahreszeitliche, selbständige Vlieswechsel, der eine Schur überflüssig macht. Die Widerristhöhe der Böcke beträgt durchschnittlich 55 - 60 cm (bei einem Lebengewicht von 35 - 50 kg), die der Zibben 45 - 50 cm (bei 25 - 40 kg Lebendgewicht) Die Brunft der Skudden ist normalerweise "asaisonal", aufgrund vergangener Veredlungsversuche und der (notwendigen) Inzucht "bedingt asaisonal".
Durchschnittlich werden 1 bis 2 Lämmer in einer problemlosen Geburt ohne menschliche Hilfe zur Welt gebracht. Die Böcke verhalten sich gegenüber den Lämmern zumeist nicht aggressiv, sondern schirmen teilweise das Muttertier während des Geburtsvorganges gegen den Rest der Herde ab.
Haltung
Die Skudde ist ein genügsames Schaf, das sich mit mageren Weiden zufrieden gibt. Das Winterfutter besteht weitestgehend aus Heu. Ein Zufüttern von Kraftfutter ist normalerweise nicht notwendig. Die Haltung der Skudden erfolgt ganzjährig im Freien. Als Schutz vor Wetterunbilden genügt ein einfacher, offener Unterstand, der oftmals nur bei Regen oder starkem Schneetreiben aufgesucht wird. Das mischwollige Vlies schützt die Tiere perfekt vor Auskühlung oder Durchnässung.
Verwendung
Skudden werden heute in erster Linie zur Landschaftspflege eingesetzt. Se sind bei der Nahrungsaufnahme wenig wählerisch sind und verschmähen sogar Brennnesseln, Disteln und roten Ampfer nicht. Ein weiterer Grund für die Zucht ist der Erhalt dieser Haustierrasse als Genreserve. Der dritte Grund ist die Vermarktung des Fleisches, das aufgrund der Ursprünglichkeit der Rasse einen deutlichen Wildbretgeschmack aufweist. Die langsame Entwicklung der Skudden (Wachstum, Gewichtszunahme) bereitet bei der Vermarktung allerdings auch Probleme: Ein schlachtreifes Skuddenlamm ist auf Grund dieser rassespezifischen Entwicklung bereits aus dem Alter heraus, in dem in Deutschland Schafe noch als "Lamm" verkauft werden darf, obwohl das Skuddenlamm noch alle Anzeichen eines Lammes vorweist. Aus der langen Entwicklungszeit ergibt sich dann auch, dass die Skudde Spätreif ist. Sie zählt zu den mischwolligen Schafen, hat harte, gute Klauen, ist vital und wetterunempfindlich. Das Fleisch schmeckt wildbretartig.
Quelle/Literatur
Rosenmöller, Renate, Ethologische und endokrinologische Untersuchungen zum Fortpflanzungsgeschehen des Schafs am Beispiel der Rassen Skudde und Graue Gehörnte Heidschnucke unter besonderer Berücksichtigung der Saisonalität der Brunst, Berlin, Freie Univ., Diss., 1996
www.skudden.ch (Verband Schweizer Skuddenzüchter)